Die Ostfriesische Teekultur

ostfriesische Kluntjes
Kandis, die sogenannten Kluntjes, gehören zu jeder Teezeremonie dazu

Die Ostfriesen sind ein sehr gastfreundliches und geselliges Volk. Sie bieten jedem Besucher, der in ihr Haus kommt, eine Tasse Tee an. Im Durchschnitt trinkt jeder Ostfriese im Jahr rund 300 Liter Tee. Das entspricht ungefähr dem Elffachen des bundesweiten Durchschnittsverbrauchs. Aus diesem enormen Konsum hat sich eine richtige Teekultur entwickelt.

Geschichte

Im 17. Jahrhundert kam der erste Tee mit Schiffen der niederländischen Ostindien- Kompanie nach Europa. Ostfriesische Schiffer, die für die Niederlande fuhren, brachten ihn auch bald schon nach Ostfriesland. Anfangs wurde Tee dort aber nur als Medizin verabreicht. Im späten 18. Jahrhundert verbreitete sich dort dann der Teegenuss. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts gibt es die großen ostfriesischen Teehandelshäuser Onno Behrends, Thiele und Bünting. Heute gehört die Bünting-Gruppe zu den größten Arbeitgebern Ostfrieslands.

Das Zubehör für die ostfriesische Teezeremonie

Zur ostfriesischen Teezeremonie, Teetied genannt, braucht man natürlich das richtige Zubehör. Dazu gehören eine Ostfriesenmischung Tee, siedendes, weiches Wasser, eine Teekanne mit Stövchen, Teetassen, am besten aus hauchdünnem Porzellan, weißer oder brauner Kandiszucker (Kluntje), Sahne mit Sahnelöffel und Gebäck.

Die Zubereitung und der Genuss des Tees

Für die Teetied ist es äußerst wichtig, dass der Tee richtig zubereitet wird. Als erstes gibt man kochendes Wasser in die Teekanne und spült sie damit aus. Dadurch wird sie angewärmt. Danach kommt der Ostfriesentee in die warme Kanne. Pro Tasse nimmt man einen Teelöffel Tee und einen weiteren „für die Kanne“. Dann füllt man die Kanne bis zur Hälfte mit kochendem Wasser. Nun muss der Tee mit geschlossenem Deckel ungefähr vier Minuten ziehen. Danach füllt man die Kanne ganz. Jetzt ist der Tee fertig.

Bevor der Tee in die Tasse gefüllt wird, legt man ein großes Stück Kluntje hinein. Jetzt wird der Tee auf den Kandiszucker gegossen und man hört ein charakteristisches Knistern. Im Anschluss wird mit dem Sahnelöffel, in ostfriesischem Platt „Rohmlepel“ (Rahmlöffel), ein Tropfen Sahne hinzu gegeben. Man sieht wie eine „Sahnewolke“ (´n Wulkje) ensteht.

Die Ostfriesen trinken den Tee traditionell ohne ihn vorher umzurühren. So schmeckt man zuerst das herbe Teearoma am Tassenrand, danach den milchigen Teegeschmack in der Tassenmitte und als Letztes den süßen, gezuckerten Tee vom Tassenboden. Auf diese Weise genießt man ein dreifaches Geschmackserlebnis.

Jeder Teilnehmer einer ostfriesischen Teerunde sollte mindestens drei Tassen trinken. Lehnt man vorher ab, kann das vom Gastgeber als unhöflich oder gar beleidigend angesehen werden. Hat man genug, legt man den Löffel in die Tasse.

In der ostfriesischen Teekultur gibt es eine kurze Teepause am Vormittag um etwa 11 Uhr, der Nachmittagstee wird gegen 15 Uhr und ein zusätzlicher abendlicher Tee um circa 21 Uhr getrunken. Für Gäste die außerhalb dieser Zeiten eintreffen wird auch als erstes eine Kanne Tee aufgesetzt. Diese Tradition findet man bis heute noch in vielen Haushalten Ostfrieslands vor.